Ältere Herren werden von bestimmten Damen über den Messenger angestupst und mit einem kurzen Hi oder längeren Hello begrüßt. Dann entspinnt sich eine schriftliche Konversation in einem mageren Englisch, mit dem Ziel Informationen zu erhalten, die wie sie auf den ersten drei Seiten eines Reiseführers aufgeführt sind. Der beträchtliche Altersunterschied zwischen der jungen Frau und dem grau melierten Herrn wird von ihr als unbedeutend eingestuft, was sehr schmeichelt. Hinzu kommt, dass sich die junge Frau als elternlos, vaterlos und geschwisterlos darstellt und nun aufgrund des Profils und des Fotos des älteren Herrn die große Liebe gefunden hätte. Dies wird mit kräftigen Farben und entsprechender Wortwahl unterstrichen. Manch ein männlicher Homo Sapiens wird darauf eingehen und nunmehr auf den Wechselgesang und das Balzen im zweiten Frühling emotional eingehen. Schließlich endet dieses Ritual nicht in der sehnlichen Erfüllung des aufgestauten Liebesrausches, sondern in flehentlichen Bitten der jungen Frau bei einer persönlichen finanziellen Notlage. Welcher vom emotionalen Rausch umnebelter Mann könnte da widerstehen und nein sagen? Ich schon, ein Nein ist ein Nein, das gilt auch für mich. Ach so, meistens kommen diese Damen nach Umzügen aus den USA oder Frankreich nach Ghana, dem Spitzenreiter der Scammer, oder der Elfenbeinküste. Sie sind zudem noch Erben eines Goldvermögens. Warum sie damit keinen afrikanischen Mann finden, können sie nicht widerspruchsfrei begründen. Videochats scheitern immer an den veralteten Smartphones, oder die Camera ist gerade kaputt. Die Damen oder sich hinter einer Damenmaske versteckenden Männer können auch mal einen vorgefertigten Film abspulen mit dem winzigen Nachteil, dass der Dialog in einem kurzzeitigen Monolog abrupt aufgrund einer technischen Störung endet. Man kann schöne Studien über das Verhalten und das raffinierte Vorgehen von Scammern treiben. Wie immer verschwinden sie dann nach entsprechender Meldung an Facebook als Verdächtige bald von der Bildfläche oder werden sogar während des Gesprächs von Facebook als Spam identifiziert, so dass die Konversation schneller als gedacht endet. Wer das Leben mal von seiner Schattenseite kennen lernen will, braucht nicht lange zu warten. Der Messenger ploppt hoch mit einem Hi oder Hello. (10.10.2018)