Spanisch ist eine expressive Sprache vor allem in Lateinamerika. Da konnte ich in alten amerikanischen Western erleben, wenn die weißen adrett gekleideten Soldaten in ihren schmucken blauen Uniformen auf die schäbig gekleideten mexikanischen Marodeure trafen, die hoch zu Ross saßen und ein Gewehr im Anschlag hatten mit genügender Munition in den Patronengurten um die Brust. Der mexikanische Akzent kam deutlich zum Ausdruck. Diese Filme bedienten ein Cliché, das schon damals überzeichnet war. Das Spanisch der Mexikaner blieb mir in Erinnerung. Es klang interessant und so anders als das blasse Deutsche. Die Filme waren ja synchronisiert. Bei meinen Sprachforschungen habe ich mich immer wieder mit dem Spanischen beschäftigt.
Heute zeige ich euch die reflexiven Verben, die einen Bezug zum Subjekt herstellen. Am besten nehme ich ein Verb, von dem jeder betroffen ist, wenn er noch einigermaßen bei Gesundheit ist, nämlich morgens auszustehen.
In der ersten Person Singular ("ich") ist die spanische Formulierung noch gut verständlich und kurz.
Yo me levanto. (Ich stehe auf.)
Jedoch bei der ersten Person Plural ("wir") stößt man auf einen Vers mit Binnenreim.
Nosostros nos levantamos. (Wir stehen auf.)
Das klingt erheiternd und ist auch ziemlich lang. Oder wurde hier darauf Rücksicht genommen, dass mehrere aufstehen. Dann kann das schon mal länger dauern.
In Eurésa habe ich diese Konstruktion ein wenig vereinheitlicht. Das Partikel für die reflexiven Verben lautet sé (sich) in allen Personen und Numeri. mit einem Wort, es bleibt unverändert.
Estam leve sé.
今ᚨᛗ 廾ᛖ 自
(Ich stehe auf.)
Ändert man den Vokal in "-am" zu "-im" erhält man die Pluralendung, die als allgemeines Kennzeichen ein "i" hat.
Estim leve sé.
今ᛁᛗ 廾ᛖ 自
(Wir stehen auf.)
Ich glaube mit Eurésa auf den Lippen können wir schneller aufstehen. Statt 8 Silben wie im Spanischen brauchen wir nur 5 Silben.
Wer jemanden zärtlich bittet aufzustehen, der sagt: O levé sé, prófavé! (Stehe bitte auf!)
Ganz Eilige könnten auch weniger zärtlich rufen: Levé! (Auf! Raus aus den Federn!)
Das ist dann nicht ganz korrekt, denn "levé" heißt für sich genommen "Hebe!" Was der Angesprochene "leve" (heben) soll, ergibt sich aus der Situation, nämlich sich selbst.
Der Imperativ mit leve sé (aufstehen, sich erheben) könnte auch bei politischen Slogans benutzt werden, wie:
O levé sé, populo! (Erhebe dich, oh Volk!)
O levé sé, pugnisto! (Erhebe dich, oh Kämpfer!)
Die Endung -isto ist eine Berufsbezeichnung oder bezeichnet den Anhänger einer Idee, Weltanschauung. Sie beinhaltet beide Geschlechter. Gendern braucht man in Eurésa also nicht. Wer die üblichen Geschlechter ausdrücken möchte, hängt einfach die Endung -éro (männlich) oder -íno (weiblich) an.
pugnistéro (der Kämpfer)
pugnistíno (die Kämpferin)
Ein schöner alter Slogan und Beispiel für ein reflexives Verb ist:
Laboristi da omna paisi, oi perúné sé!
(Proletarier aller Länder, vereinigt euch!)
Karl Marx, von dem dieser Slogan stammt, hatte sich in die Idee verrannt, dass es eine internationale Vereinigung der Arbeiter geben könnte. Auch die Sowjetunion, das kommunistische Russland, versuchte mit ihren Propagandamitteln, eine Weltrevolution anzuzetteln. Alles vergeblich. Die Arbeiter sind national eingestellt und kämpfen für ihr Land, egal in welcher Gesellschaftsordnung, auch wenn die Regierung rassistisch und totalitär ist wie damals unter Adolf Hitler (1933 - 1945). Die zukünftigen Gesellschaftswechsel werden von oben kommen aus der Elite heraus.
Immer diese politischen Abschweifungen bei einem linguistischen Thema! Ich denke eben assoziativ und kann mein Wissen und meine neu gewonnenen Erkenntnisse, die ich während meines stumpfsinnigen Berufslebens nicht anwenden konnte, hier präsentieren, damit ihr Unterhaltung habt und ggf. neue Einsichten gewinnt. Hoffentlich lest ihr auch meinen Humor heraus. Ein Tag ohne Humor ist ein verlorener Tag.
Mula díé! (Einen schönen Tag noch! wörtlich: viel Tag!)
Den Hintergrund dieses Abschiedsgrußes versteht man nur aus der Begrüßungsfloskel:
Cén ages! (Wie geht es?, wörtlich: was treibst du?)
Antwort:
Mula! (Mir geht es gut! wörtlich: viel!)
Das übliche "gut" in den Begrüßungsfloskeln gibt es bei den Euráni (den Euraniern) nicht. Sie sprechen eine Sprache, deren Bewusstseinshintergrund vom Üblichen abweicht. Die Sprecher dieser Sprache erkundigen sich also nicht nach dem Wohlbefinden des Gegenübers, sondern was er so macht. Der "Tun" steht im Vordergrund, nicht das persönliche "Fühlen". Deshalb ist Eurésa eine Sprache für aktive Leute und Kämpfer. Nun versteht ihr bestimmt, was "Mula díé!" (Einen schönen Tag!) bedeutet, nämlich viel zu schaffen für sich oder die Gemeinschaft. Dahinter steht eine ganz andere Lebensphilosophie als bei dem individualistischen "schönen Tag", der nett gemeint ist, aber nur dem Angesprochenen emotional nützen soll.