Das Alphabet der logischen Sprache sei die Menge , also die Vereinigungsmenge von Atomen, Junktoren und Gliederungszeichen.
Aus diesen Bausteine, also den Grundelemente (Grundzeichen), könnt ihr nun komplexere Ausdrücke zusammensetzen. Die Gesamtheit der Bausteine des Kalküls wird deshalb auch sein Alphabet genannt. In natürlichen Sprachen würde man die Liste dieser Bausteine als Wörterbuch (im Sinn einer Wörterliste) des Kalküls bezeichnen. Wer die Mengenlehre mag, wird die Gesamtheit der von den Formationsregeln gebildeten, wohlgeformten Ausdrücke Satzmenge des Kalküls nennen.
Das logische Kalkül hat, wie ihr bestimmt selber gemerkt haben, einiges der Muttersprache gemeinsam. Es sieht aus wie eine stark verkürzte Fassung einer natürlichen Sprache mit einer bestimmten Zielrichtung.
Gehen wir noch weiter mit der Analogie zur natürlichen Sprache. Die logischen Schlussregeln entsprechen der Grammatik des Kalküls. Ein kleines Beispiel macht das unmittelbar einsichtig und klar:
„Wenn es regnet, dann wird die Straße nass.”
Aus dem Satz a („wenn es regnet”) schließen wird auf den Satz b („dann wird die Straße nass”).
In der Form des logischen Kalküls geschrieben, lautet dieser Schluss so:
In der Umgangssprache wird stillschweigend vorausgesetzt, dass es wirklich „regnet”. Das muss man allerdings explizit im Kalkül mit angeben. Deswegen steht dort zusätzlich , dass die Aussage a wahr ist („es regnet”).
Die logischen Ableitungsregeln werden (lateinisch) Transformationsregeln („Umformung“) oder „Deduktionsregeln” („Ableitungsregeln“) genannt.
Eine kleine Nebenbemerkung: Aus der Fülle der fremdartigen Begriffe kann geschlossen werden, dass für die Logik und auch für die höhere Mathematik ein neuer, von der Umgangssprache abgehobener Wortschatz gelernt werden muss. Sprechen dann zwei Mathematiker in ihrer Sprache, dann werden die Umstehenden nichts verstehen. Deshalb gibt es immer wieder Forderungen, keine Fremdwörter zu benutzen. Würde man die obigen Fachbegriffe „deutsch” übersetzen, käme dadurch keine größere Klarheit heraus. Damit könnte ein Laie auch nicht viel anfangen. Ein paar Beispiele mögen das zeigen:
Beispiele
„Satzbuchstaben” statt Atome, „Verbindungszeichen” statt Junktor, „logisches Rechenverfahren” statt Logikkalkül.
Formationsregeln
Nun ist es soweit. Das Alphabet der logischen Sprache (Atome, Junktoren, Gliederungszeichen) kennen Sie bereits. Damit könnt ihr beliebige Sätze bilden. Die nennt man Formeln. Auch die Prädikate p zählen dazu. Sie sind Ihnen unter dem Namen Atome bekannt. Oft werden sie auch „atomare Formeln” genannt, was aber nichts mit der Atomphysik zu tun hat.
Was alles eine Formel F oder G sein kann, wird im Folgenden aufgelistet:
1) Alle Atome sind Formeln: .
2) Die Negation (nicht) von F ist auch Formel:
3) Die Konjunktion (und) von F und G ist auch eine Formel:
4) Die Disjunktion (oder) von F und G ist auch eine Formel:
5) Die Implikation (wenn - dann) von F und G ist auch eine Formel:
6) Das Bikonditional (genau dann - wenn) von F und G sind auch Formeln:
Die Formeln F und G sind nicht notwendigerweise unterschiedlich. Bei Aristoteles findet man noch weitere Formeln (”ist notwendig” usw.), die sich jedoch für die Mathematik als unnötig oder unbrauchbar herausgestellt haben.
Interessant ist, dass die Implikation („wenn - dann”) und das Bikonditional („genau dann - wenn”) durch die Negation („nicht”) und Disjunktion („oder”) ersetzt werden können (wird später gezeigt). Das aus der Umgangssprache bekannte „Wenn-Dann” ist viel einfacher zu verstehen und wird deshalb häufiger benutzt. Mit den obigen logischen Verknüpfungen kann man in der Mathematik gut umgehen. Sie reichen völlig aus.