Extensionalitätsaxiom (Ext)

 

[image] Extensionalitätsaxiom (Definition)

 

Zwei Mengen sind gleich, falls sie die gleichen Elemente haben.

 

[image] Symbolik

 

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Verallgemeinert

 

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[image]Zwei Mengen A und B sind gleich, falls sie die gleichen Elemente z haben.

 

Wer's formaler liebt, soll nicht um sein Vergnügen gebracht werden. Wenn ihr die folgende Formel auswendig könnt, kriegt ihr einen bunten Gummipunkt als Belohnung. Stellt euch beim Lesen immer vor, was damit gemeint ist.

 

Mathematische Laien damit zu verblüffen wäre aber unfair.

 

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Die Mengen A und B sind gleich, wenn das Element z in beiden Mengen gleichermaßen enthalten ist, wobei beide Mengen Teilmengen voneinander sind.

 

Der Aufbau der Formel ist folgender:

 

1. Vorne stehen die Quantoren. Es soll sich nicht nur um eine Menge A oder B handeln, sondern um alle Mengen, die nach eigenem Gusto A und B genannt wurden. Wie man die Mengen benennt, ist egal. Gewöhnlich werden sie groß geschrieben.


2. Dann kommt die Hauptaussage der Mengengleichheit A = B.

 

3. Dann folgt der Hinweis, warum das so ist, eben weil die z-Elemente in beiden Mengen enthalten ist. Die Elemente werden gewöhnlich klein geschrieben.

 

Der Formelaufbau ist typisch. Quantoren stehen vorne, Mengen folgen in der Klammer und ihre Elemente erscheinen danach.

 

Das Äquivalenzzeichen [image] verweist eindringlich auf eine Teilmengenbeziehung der beiden Mengen A und B. Es reicht nicht aus, nur davon zu sprechen, dass das Element z in beiden Mengen vorhanden ist, sondern ausdrücklich wird gesagt, dass alle Elemente z jeweils gleichermaßen in beiden Mengen vorhanden sind.

 

Erläuterungen:

 

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Für alle Mengen A und B gilt.

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Für alle Elemente z gilt.

 

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Die Menge A ist gleich der Menge B.

 

 

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Die Elemente z sind in der Menge A enthalten. Die Elemente z sind aber auch in der Menge B enthalten. Diese Beziehung ist äquivalent, was bedeutet, beide Mengen müssen jeweils Teilmenge der anderen Menge sein.

 

Wer den Begriff Extensionalität zum ersten Mal hört, denkt sich nichts Schlechtes. Aber was um himmelswillen ist eine Extension? Das Wort stammt aus dem Lateinischen (extendere) und bedeutet „ausdehnen, ausweiten“.

 

In der Medizin ist damit die Streckung eines Gelenks, z. B. der Wirbelsäule gemeint. Bei Dateinamen ist das die meist dreistellige Endung, z. B. xls, doc, wav. Eine künstliche Haarverlängerung ist auch eine Extension. Doch weiß der Friseur unter Umständen nicht, was die Extension in der Logik und Philosophie bedeutet. Das verrate ich nun: Es handelt sich um den Begriffsumfang.


In der traditionellen Logik, der Begriffslogik, verstand man unter der Extension oder dem Umfang eines Begriffs die Gesamtheit der Dinge, auf die er sich erstreckt. Die entscheidende Frage ist: Was alles wird mit dem Begriff abgedeckt? Gehört noch dieses oder jenes Objekt dazu oder nicht?


In der Politik macht sich diese Frage ganz praktisch bemerkbar, z. B. wer gilt als bedürftig und fällt unter die Armutsgrenze, was gehört zu einem menschenwürdigen Leben dazu, wer ist Deutscher. Das ließe sich endlos fortsetzen.


Bekanntlich sind manche Wörter mehrdeutig: Das Wort „Bank“ kann eine Sitzgelegenheit oder ein Geldinstitut bezeichnen. Bei beiden Bedeutungen handelt es sich um verschiedene Begriffe. In der Mathematik würde man dies auch so sehen. Die Sitzgelegenheit erhielte den Namen s und das Geldinstitut den Namen g. Damit lägen zwei verschiedene Objekte vor. Der Begriffsumfang (die Extension) von Bank wäre hier somit klar.


Die Dichter lieben so schöne romantische Begriffe, die sich bei näherer Beleuchtung als einfache Sachverhalte herausstellen. Da wird der "Abendstern" und "Morgenstern" besungen, der in Wirklichkeit ein Planet ist und Venus heißt. Mathematisch würde dieser besondere Stern als v bezeichnet, nämlich als Venus. Der Begriffsumfang dieses Objekts ist also:


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Venus


Morgenstern = Abendstern = Venus = v


Es ist ein und das gleiche Objekt.


Halt! würde einige laut rufen. Die Bezugnahme ist doch ganz anders. Das romantische Gefühl würde beim "Morgen" und "Abend" eine andere Stimmung erzeugen. Diese Sichtweise wird nun als intentional bezeichnet. Die Intension ist eine andere Bezeichnung für "Begriffsinhalt" oder "Merkmale eines Objekts".  (Ein ähnlich klingender Begriff die Intention (= Absicht) hat damit nichts zu tun.)


Was bei der Intension verschieden aussieht, ist bei der Extension gar so verschieden, sondern im Gegenteil das Gleiche, nur mit einem anderen Namen versehen. Das Beispiel mit der Venus zeigt das deutlich.


Ein anderes Beispiel zeigt, dass auch Bewegungen zu einer Menge zusammengefasst werden können.

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Yogaübungen


Diese Yogaübungen sind alle verschieden. Sie bilden die Menge von Yogaübungen, die Menge Y.


Die Mathematiker bevorzugen eindeutige Bezeichnungen. Gleiches mit verschiedenen Namen auszudrücken wollen sie nicht. Das hätte auch ein Sprachenbabel wie bei den natürlichen Sprachen zur Folge. Deshalb gibt es in der Mengenlehre das Extensionalitätsaxiom, das an erster Stelle steht.


Gut merken kann man sich die Bedeutung der Extensionalität an den Bruchzahlen.


Beispiel

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Wer noch die Potenzrechnung kennt, kennt die Differenz von Exponenten.

 

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Die Gleichung drückt wirklich eine Gleichheit aus. Alle Zahlen, die da stehen, bezeichnen das Gleiche. Obwohl die Zahlen verschieden aussehen, sind sie doch gleich. Auch wenn sie sich wie beim Karneval verkleiden, bleiben sie doch im Innern gleich. Ihr Begriffsumfang (= Extension) ist also gleich.

 

Und wenn es so schöne Mengen gibt, deren Elemente sich wirklich voneinander unterscheiden, kann man es wagen, sie auf ihre Gleichheit zu untersuchen. Bei einer nachlässigen oder schlampigen Bezeichnung der Elemente hätte man enorme Schwierigkeiten beim Vergleich. Witzige Wortkünstler oder geschmeidige Rhetoriker sind hier klar im Nachteil. Ein nüchterner und sachlicher Mathematiker kommt hier schnell zum Ziel. Er weiß ja, was Extension bedeutet.

 

Mengengleichheit

 

Zwei Mengen sind identisch, wenn sie die gleichen Objekte (Elemente) enthalten. Duplikate werden bei dieser Feststellung nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Reihenfolge der Elemente.

 

Hand aufs Herz. Sind diese beiden Mengen gleich?

 

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Wenn ihr die Duplikate wegstreicht, dann erkennt ihr die Gleichheit der beiden Mengen. Sie enthalten ja die gleichen Elemente a, b, c, unabhängig von der Reihenfolge der Elemente.

 

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Mengengleichheit A = B

 

Wie man die Mengengleichheit für eine Funktionszuordnung bestimmt, wird in einem eigenen Kapitel behandelt.