Analysis

In der Mathematikvorlesung bei Professor Mörters muss ich blitzesschnell die mathematischen Sätze und Beweise mitschreiben. Mein Gehirn läuft auf Hochtouren. Unaufmerksamkeiten führen zum Nichtverstehen. Der Abstraktionsgrad ist enorm hoch. Ich versuche mir, seine Ausführungen bildlich vorzustellen, was mir nicht immer gelingt. Aber ich lasse mich dadurch nicht entmutigen und schreibe weiter. Was wirklich unschön ist, dass Professoren Rechenmethoden der höheren Mathematik voraussetzen, die es im Schulunterricht nicht gab. Jedenfalls sagte der Professor, er hoffe, wir könnten mit Fakultäten rechnen. Das sind knifflige Faktoren mit einem Fragezeichen dahinter. Der Trick hierbei ist, das Fragezeichen geschickt zu verschieben, um damit einen Hauptnenner bilden zu können. Das Wissen hierzu hatte ich mir mal früher selbst beigebracht, so dass ich es hier anwenden konnte. In meinem Heft habe ich mir vorsorglich die Umformungsschritte notiert, damit ich sie später wieder reproduzieren kann. Eigentlich müsste ich alle Beweise aus dem Effeff lernen, aber so viel Zeit habe ich nicht. Immerhin lerne ich noch schwierige Sprachen. So begnüge ich mich mit einem passiven Wissen, was aber unbefriedigend ist. Immerhin verstehe ich in diesem Semester viel mehr Mathematik als im letzten Sommersemester. Ich will aber noch besser werden. Mathematisches Halbwissen ist nämlich kein Wissen. Damit lassen sich keine Klausuren bestehen. Das Leben ist hart, haha.

Ich konnte mich erst nicht entscheiden, welche mathematische Darstellung schöner ist, die von Grenzwerten oder die einer Differentiation. Die Symbole der höheren Mathematik haben eine abstrakte Ästhetik, die die meisten nicht nachvollziehen können. Jedoch hat das auch seinen Preis. Die Formeln sind nicht sofort verständlich. Das zeigt mein Beispiel mit der Kettenregel. Ich kannte sie anders formuliert, doch die komplizierte Formulierung ist sehr nützlich bei der allgemeinen Ableitung inverser Funktionen. Das ist ist mir erst eben aufgegangen. In der Vorlesung sind Geistesblitze kaum möglich, so schnell wird der Stoff eingeführt. Heute war ich allein sechs Stunden mit der Mathematik beschäftigt. Die Nachbereitung dauert solange wie die Vorlesung. Das ist eine schöne Freizeitgestaltung. Das Schönste an der Mathematik ist ihre Exaktheit. Alles muss bewiesen werden. Nichts wird geglaubt, egal welcher Mathematiker bestimmte Theoreme aufgestellt hat. Hier gibt es keine Wortklaubereien oder Vermutungen oder Meinungen, wo jeder irgendetwas von sich geben kann. Das gefällt mir sehr gut.

Die Mathematik macht mir immer mehr Spaß. Ihr zu folgen erfordert konzentriertes Zuhören in der Vorlesung und schnelles Umformen der Gleichungen im Kopf. Zu Hause schreibe ich dann die Rechenschritte als Kommentare auf. Die Gefahr besteht sonst, dass ich sie zu schnell wieder vergesse. Die Beweise sind manchmal sehr umfangreich und nicht leicht zu überschauen, wie in dem Beispiel für das Wurzelziehen in den reellen Zahlen. Heute habe ich fast sieben Stunden Mathematik gemacht. Wer sich da nicht reinhängt, wird immer Außenstehende(r) bleiben und gewiss Leidensgenossen finden, die sich darin überbieten, was sie nicht verstanden haben und wie schlecht die Lehrer waren. Die Mathematik gefällt mir immer besser und fällt mir auch leichter. Die Übung macht‘s. Mittlerweile nimmt die Mathematik mehr Zeit in Anspruch als die Sprachen, die ich gar nicht mehr so toll finde mit ihren Willkürlichkeiten und logischen Brüchen. Eine schöne Zeit hat für mich begonnen.

Differentialrechnung macht Spaß. Der Dozent Peter Lehe ist wirklich fähig. Er stellt die Mathematik so dar, wie ich es immer gewünscht habe, schön praktisch. Außerdem zeigt er noch Rechentricks, die ich vorher nicht kannte.

Nun habe ich auch die Differentialrechnung abgeschlossen. Besonders das logarithmische Differenzieren und die Differenziation von Umkehrfunktionen haben mir gefallen.

Wie viele Engel passen in einen Fingerhut? Mit solchen Fragen sollen sich die mittelalterlichen Scholastiker befasst haben, oder es ist nur eine geschickt erfundene Frage. Sie zeigt, dass die Gelehrten im Mittelalter schon an solchen Fragen interessiert waren, die auch die modernen Mathematiker beschäftigt. Übrigens wird das Mittelalter immer als dumm und abergläubisch verteufelt. Schon damals waren die meisten Gelehrten von der Kugelgestalt der Erde überzeugt. Sie kannten doch die mathematischen Überlieferungen der alten Griechen. Unwissende Theologen haben die falsche Annahme von der Flachheit der Erde aufgrund ihres Flachhirns den Leuten aufzwingen wollen. Wenn sie an der Macht sind, können sie viel Unheil anrichten. Zu meinen Lebzeiten habe ich das beim barbarischen islamischen Staat in Syrien mitbekommen, dessen Staatsoberhaupt ein Theologe war. Ebenso falsch ist es, die Hexenverfolgungen und -verbrennungen ins Mittelalter zu verlegen. Sie fanden in der frühen Neuzeit statt, die sich durch eine extreme Barbarei bis ins 20. Jahrhundert erstreckte. Hoffentlich setzt sich das nicht weiter fort. Das Mittelalter richtig und vorurteilsfrei wieder zu entdecken ist sehr spannend. Wenn ihr also jemanden hört, der von „mittelalterlichen“ Methoden spricht, zweifelt an der Richtigkeit seiner / ihrer Aussagen und denkt euch euren Teil. Mit Dummköpfen ist jede Diskussion sinnlos. Verschwendet mit solchen Leuten eure kostbare Lebenszeit nicht.

Die Gelehrten im Mittelalter haben sich mit der Unendlichkeit ausgiebig beschäftigt. In moderner mathematischer Form äußert sich das in der höheren Mathematik mit ihrer Infinitesimalrechnung und dem Calculus. Die Suche nach der Göttlichkeit hat in der Mathematik eine schöne Fortsetzung gefunden. In der Schule wird dies nicht so klar herausgestellt, eher abschreckend und dröge dargestellt, mit Hasscharakter versehen.

Eine schöne Aufgabe ist: wie groß ist 0,9 Periode? Also eine 9 mit dem Querstrich darüber. Wird sie im Unendlichen 1 oder wird 1 nie erreicht? Solche Fragen werdet ihr in unseren Flachbildschirm-TV nicht sehen, ein Medium für Flachdenker und die es bleiben wollen.

Ehe ihr lange spekuliert, verrate ich den Lösungsalgorithmus. Teilt die 0,9 Periode durch 3 und wandelt das Ergebnis in einen Bruch um. Das Ergebnis nach der Division ist 0,3 Periode, als Bruch geschrieben 1/3. Jetzt multipliziert ihr die beiden Zahlen wieder mit 3. Es ergibt sich 0,9 Periode und 1, denn drei Mal ein Drittel ergibt eins. Damit habt ihr bewiesen, dass 0,9 Periode tatsächlich im Unendlichen 1 ergibt. Nebenbei gesagt, ich hätte das nicht gedacht. Das Unendliche verhält sich also ganz anders als es zunächst erscheint. Dies war nur ein einfaches Beispiel aus der Fülle von Unendlichkeitsaufgaben in der Mathematik. Habt ihr vielleicht jetzt einen besseren Eindruck von dem Potential der höheren Mathematik gewonnen?

Man kann so viel Neues in der uns umgebenen Welt entdecken und immer wieder staunen. Eins habe ich gelernt, die Unendlichkeit ist mehr als nur das Präfix all- vor bestimmte Adjektive zu setzen, wie z.B. allmächtig, allweise, allgegenwärtig oder dies bestimmten historischen Personen zuzuschreiben, zumindest nach ihrem Tod. Die Unendlichkeit verhält sich paradox und ist voller Überraschungen.

Kann Gott ein Gewicht heben, das so schwer ist, dass er es nicht schafft? Das ist eine nette Fangfrage, die gerne als Antigottesbeweis benutzt wird. Sie ist in dieser Frageform nicht beantwortbar und würde nur zu logischen Widersprüchen führen. Eine ähnlich strukturierte Frage wird auch Beginnern der Mathematik gestellt mit dem Barbier, der nur andere rasieren soll. Wer rasiert ihn dann? Rabulisten würden die logisch korrekte Antwort umgehen und damit in der Klausur null Punkte bekommen. So streng wird das gehandhabt, wenn man abschweift. Oder was ist 0:0? Hierauf gibt es keine Antwort. Macht euch klar, was da steht. Nichts soll nicht dividiert werden, schön bekloppt. In der „richtigen“ Mathematik lernt man, mit Paradoxien umzugehen. Sie schärfen das logische Denken. Das Gabriels Horn ist ein Meisterstück der logischen Verwirrung. Es hat eine unendliche Oberfläche, aber ein endliches Volumen. Zum Glück ist das Volumen endlich, bei einem unendlichen Volumen hätte der Erzengel Gabriel einige Platzprobleme am Mundstück. Ganz schön vertrackt, nicht wahr? Wenn solche Paradoxien mathematisch begründbar sind, könnte es auch einen Gott geben, der ein unendlich schweres Gewicht nicht heben könnte, obwohl er nach seiner Definition über unendliche Kräfte verfügt. Ich kann das auch nicht begreifen, zeigt mir aber, dass die menschliche Erkenntnisfähigkeit doch arg begrenzt ist. Das führt mich zu dem Schluss, dass es doch etwas mehr geben muss, das unsere Wahrnehmung und unser Denken übersteigt. Wenn ich über Gabriels Horn nachdenke, fallen mir die religiösen Aussagen über das Weltende ein mit dem Erzengel Gabriel, der aber nicht zum letzten Gefecht bläst, sondern das Finale der Menschheit symbolisiert. Interessant ist, dass die religiöse Symbolik wie eine verständlich gemachte Ausschmückung erkenntnistheoretischer Erörterungen wirkt, die sich in moderner Form in der höheren Mathematik wiederfinden, nur hier sind sie nicht so leicht zu rezipieren wie in der Theologie. Na, auf den Geschmack gekommen? Wie wär‘s mit einem Schluck aus der Pulle der höheren Mathematik?

Erosionserscheinungen bei der Vorlesung Grundlagen der Mathematik heute bei Dr. Wiesendorf. Die genaue Zahl der Studenten der ersten Vorlesung habe ich nicht mehr im Kopf. Heute hatten sich nur 51 Teilnehmer zugeschaltet. Das Interesse hat schlagartig nachgelassen, obwohl das Thema nicht so schwer zu begreifen ist, vorausgesetzt es würde anschaulicher sein. Nettigkeit genügt nicht zur Vermittlung eines abstrakten Stoffes. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie mühsam es ist, sich darein zu arbeiten. Was mir an der Darstellung der höheren Mathematik aufgefallen ist, es werden so viele Akronyme gebraucht, die eigentlich überflüssig sind. Die mathematische Symbolik hat enorm zugenommen, mit der überhaupt nicht gerechnet wird. Bei Berechnungen sind die Akronyme sehr nützlich. Davor mussten die Mathematiker akrobatische Höchstleistungen in der Umsetzung von reinen Texten in Berechnungen machen. Heute ist das andere Extrem eingetreten. Auch simple Sachverhalte werden in äußerst knapper Form codiert. Es ist quasi eine neue symbolische Schrift entstanden. Ich mache mir immer klar, was mathematisches Makeup ohne Wert ist und was wirklich für Berechnungen notwendig ist. Auch bei den Beweisen werden so viele Akronyme gebraucht, die nur Sinn ergeben, wenn man davon abstrahiert und die Struktur dahinter beachtet. Ich glaube nicht, dass sich an der derzeitigen desolaten Situation in der Mathematik von alleine etwas ändert. Auch hier wird nur eine gesellschaftliche Umwälzung mit einer neuen Elite substantielle Verbesserungen bringen.

Oh je, soll ich euch mal schocken? Die höhere Mathematik ist doch etwas Schönes. Das will ich euch nicht vorenthalten. Wer weiß noch, was Reste sind? Ganz einfach an einem Beispiel demonstriert, 11 : 5 = 2 Rest 1. Diese einfache Rechnung kann der Mathematiker so grandios abstrakt darstellen, dass der unvoreingenommene Leser heftige Augenprobleme bekommt. Im Grunde ist das Beispiel auf dem Foto (s.u.) einfach zu verstehen. Hier soll man nur durch die Zahl 2 teilen und die Reste als Menge darstellen. Die Reste können nur 0 (kein Rest) oder Rest 1 sein. Die daraus resultierenden Mengen bezeichnet man als gerade oder ungerade Zahlen.

Dieses Verfahren, um Reste zu ermitteln heißt, den Äquivalenzquotienten bilden. Was damit gemeint ist, kann man erst nach stundenlangem Nachdenken und Zurückspulen des Lehrvideos verstehen. Ich muss zugeben, ich hatte das in der Vorlesung in der Universität nicht verstanden, jetzt aber schon. Manche Leute brauchen eben länger. Aber wie ich das alles in einfacher Form selber in einem Video darstellen könnte, daran arbeite ich noch. Jedenfalls wie es momentan gemacht, ist zu ineffizient und frustrierend, auch für diejenigen, die etwas auf dem Kasten haben, aber mit der kryptischen Notation nicht zurecht kommen.

Was macht die höhere Mathematik so schwer verständlich? Dazu kann gewiss jeder etwas sagen. Da ich mich in letzter Zeit intensiv mit der Mathematik beschäftige, ist mir die Kluft zwischen der symbolischen Darstellung und dem dahinter stehenden Inhalt aufgefallen. Es werden Symbole präsentiert, die häufig einen riesigen Rechenaufwand bedeuten und sich nicht in das einfache Schema der Grundrechenarten einordnen lassen. Ich habe mir angewöhnt, mich nicht mehr von der kryptischen Symbolik verwirren zu lassen, sondern danach zu fahnden, was dahinter steckt. Die Akronyme sind noch keine Algorithmen. Sie sind quasi ein Vorspiel, das zum Hauptakt überleitet. Als Sahnehäubchen erhalten die Akronyme noch klingende Namen, je abstrakter es wird nach meist unbekannten Mathematikern benannt, was für das Verständnis nicht sehr hilfreich ist. Ein schönes Beispiel ist der Prä-Hilbert-Raum, der aus einem Raum von Vektoren besteht. Was der eigentliche Hilbert-Raum dann ist, soweit bin ich noch nicht. Es ist eine Odyssee im Weltraum mit seinen quasi unendlichen Weiten. In der weiteren Zukunft der Menschheit werden die mathematischen Gedanken über Räume noch sehr relevant. Wie können die Universitäten Studenten ausbilden, die diese wichtigen Themen noch überblicken? Mit den bisherigen Methoden von Vorlesungen und Hausaufgabenabgabe ist das nicht zu bewerkstelligen. Viel zu wenige Studenten bleiben am Ende des Studium erfolgreich übrig.
Da ich mich mit Meckern nicht begnüge, denke ich darüber genauso intensiv nach wie mit meiner Sprache. Ich hoffe, ich komme noch zu einer Lösung.

Auf dem Foto seht ihr einen Ausschnitt aus der Funktionalanalysis mit der Definition eines Prä-Hilbert-Raums, der aus Vektoren besteht. Die Formel gibt den Winkel zwischen zwei Vektoren wieder. Achtet mal darauf, wie viel man rechnen muss, nur um den Zähler zu berechnen. Glaubt ihr mir, dass im Nenner der Satz des Pythagoras auftaucht? Zumindest sind die Zwillingsvariablen x und y und die Wurzel ein starkes Indiz darauf. Man kann der Monsterformel eine gewisse Ästhetik nicht absprechen. Ich sehe darin ein schönes Gesicht mit breitem, lächelnden Mund.

Ohne mein Mini-Mathematikstudium an der Universität Köln wäre meine Plansprache nicht so weit gekommen. Das klingt paradox. Nein, nicht paradox, wenn man sich unter Mathematik etwas Anders vorstellt als Berechnungen durchzuführen. Ich bin primär an Denkstrukturen interessiert, die in der Grundlagenmathematik bei Dr. Wiesendorf in diesem Wintersemester 2020/21 erklärt werden. Die Teilnehmerzahl hat sich auf 40 Studenten im Laufe des Semesters reduziert, was schade ist. Jedenfalls hilft mir der abstrakte Stoff ebenso abstrakt zu denken und das auf linguistische Strukturen zu übertragen. Es geht nur mühsam voran. Wer hat denn etwas Anderes versprochen? Als Beispiel habe ich die Präpositionen genommen. Um ein brauchbares und eindeutiges Konzept zu kreieren habe ich Jahrzehnte gebraucht. Das dauert so lange, wenn man kein Genie ist. Jetzt habe es fertig gestellt. Hoffentlich! Eben habe ich noch eine kleine Änderung vorgenommen. Das ist ganz normal bei mir. Die Evolution schreitet bis zur Vollendung voran.

Video – Integralrechnung und Afrolinga (Teil 4)

Darstellung elementarer algebraischer Umformungen als Vorbereitung auf die Integration von Drehkörpern. Erklärt werden Minuszeichen vor einer Klammer (Minusa signo prê un grapo)

- Ausklammern von Termen (Exgrapeo da atrúni)

- Potenzen berechnen (Calculeo da expota ariti)

- Dividieren von Nennern (Dívideo da subparti)

- Hauptnenner suchen (Busceo del chefa subparto)

- Binomische Formel (Bínoma formulo)

- Binomische Formel hoch 3 (Bínoma formulo alta tria)

- Satz des Pythagoras (Fraso da Pytagoras)

Sowie der Zusammenhang der arabischen Schrift mit der allgemeinen Formel für Drehkörper anhand der Sure 112 aus dem Quran. Ideen einer neuen Didaktik und Ausprägung des zukünftigen Physikstudiums in Afrika werden angerissen.