Großeltern

Das hat mein Vater jetzt noch im hohen Alter gezeichnet. Es stellt den Milchwagen dar, den mein Opa Heinrich täglich zur Molkerei gefahren hatte. Meine Mutter half ihm dabei, die schweren Milchkannen auf- und abzuladen. Das Arbeiten auf dem Land ist nicht leicht.

Das ist mein Opa Heinrich. Er war Bauer und Maurer, hatte also Berufe. Er war bodenständig und ließ sich vom Wirtshausgerede nicht einwickeln. Das war „dummes Tuich“ (dummes Zeug) für ihn, wenn die Männer „besapen“ (besoffen) waren. Das Pferd neben ihm hieß Ella. Die Bauern lieben ihre Tiere. Er hielt sich durch körperliche Arbeit fit bis ins hohe Alter und besuchte täglich seine „Schape” (Schafe) auf dem Feldberg.

Das ist meine Oma Therese in jungen Jahren. Sie war eine gute Kopfrechnerin und unschlagbar bei Brettspielen. Ihr Gedächtnis war phänomenal. Sie hatte so viele Geburtstage im Kopf und konnte mir bei der Aufstellung einer Ahnentafel gut helfen.

 

Mein Opa Heinrich und ich vor langer Zeit. Wir standen unter einem Schuppen. Ich fand die Leiterwagen so schön. Heu oder Stroh wurde mit ihnen transportiert. Da konnten wir Kinder ganz toll spielen, uns durch die seitlichen Sprossen auf dem Wagen hochziehen oder hindurch springen. Das sind Erlebnisse, die ich nicht vergessen habe. Mein Opa rauchte gerne seine Zigarre, was fürchterlich stank. Er war ein ruhiger Typ und liebte Tiere sehr, weshalb er gerne in den Zirkus ging, wenn dieser in der Nachbarstadt gastierte. Früher lebten die Menschen naturverbundener und lümmelten sich nicht vor dem Fernseher (weil es sie noch nicht gab). Statt abends vor der Glotze zu sitzen, saßen die alten Leute vor ihren Häusern und unterhielten sich, alles was in der voll entwickelten bürgerlichen Gesellschaft fehlt. Ich halte die heutige so technisierte Gesellschaft für eine Fehlentwicklung. Sie hat die Menschen voneinander entfremdet. Aber es besteht ja Hoffnung auf einen gesellschaftlichen Umschwung.

So hat mein Opa Heinrich seine Felder bestellt, mit Pferden. Die Flächen wurden in Morgen berechnet. Das war die Fläche, die man damit in einem Zug bearbeiten konnte. Die Feldarbeit war schwere körperliche Arbeit. Der Bauer musste kräftig sein. Deshalb sind die bäuerlichen Bevölkerungen tendenziell dicker und kräftiger in der Statur. „Federgewichte“ wie die Khoi San in Südafrika könnten das nicht aushalten. Dafür können sie aber mit der Hitze und Trockenheit besser umgehen als wir. Der Homo Sapiens hat sich genetisch immer an die jeweiligen Umweltbedingungen und Arbeitsweisen angepasst. Dazu zählen auch die Anpassungen an Krankheitserreger, wovor man sich bei einigen durch Impfungen schützen kann. Mit dieser Thematik habe ich mich schon seit meiner Jugend beschäftigt. Sie ist interessant. Wie die momentanen dumm-dreisten Demokratien damit umgehen, dazu schreibe ich hier nichts weiter. Mutter Natur ist jedenfalls immer stärker.

Leckere Früchte, frisch aus dem Supermarkt. Wir leben heute wie im Schlaraffenland, das als selbstverständlich erachtet wird. Doch so selbstverständlich ist das gar nicht. Ohne unsere fleißigen Bauern hätten wir diesen Genuss nicht. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft müssen viele Hände und Hirne zusammen arbeiten, um optimale Ziele zu erreichen.

Die Landwirtschaft habe ich als Kind hautnah miterlebt, wie mein Opa Heinrich mit einem Pferd ackerte. Später benutzte mein Onkel Herbert einen Traktor. Er wurde mit Diesel betrieben und machte viel Lärm und ratterte über die unbefestigten Feldwege. Auf dem Blech über einem der großen Räder zu sitzen schüttelte mich ordentlich durch. Ich musste mich an der Rückenstütze, die aus einem gebogenen Rohr bestand, festhalten. Der Trecker schaffte es, auch größere Steigerungen zu bewältigen. Mein Onkel schaltete sorgsam an den Gängen, wenn die Räder durchdrehten und der Trecker zurückrutschte. Das war aber nichts dagegen, wenn der Trecker vorne abhob. Dann hilft schon mal ein Stoßgebet, vor allem wenn man auf dem Weg zur Kapelle auf dem Feldberg ist. Man muss auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf behalten. Daran erinnere ich mich gerne.

Milchwagen

 

Wenn ich zurückdenke an meine Kindheit, fallen mir die gravierenden Unterschiede zu unserer heutigen spätbürgerlichen Gesellschaft auf. Ich habe ein altes Foto mit mir (links), einer Tante und einer Cousine gefunden. Wir sitzen auf dem Milchwagen meines Opas Heinrich, der täglich für die Bauern die Milch zur Molkerei brachte. Meine Mutter musste ihm schon in ihrer Jugendzeit dabei helfen, weil ihre Brüder in Hitlers Krieg waren, der im Größenwahn alle Völker Europas angegriffen hatte. Meine Mutter hatte mir oft geschildert, wie hart die Arbeit war, so früh morgens in Wind und Wetter die schweren gefüllten Milchkannen auf- und abzuladen. Durch ihre harte Arbeit sicherten also mein Opa und meine Mutter die Versorgung der Bevölkerung mit. Eine so bequeme Jugendzeit, wie heute die Kinder aus der Mittelschicht oder gar aus der Oberschicht haben, kannten sie nicht. Ich bin auch nicht im Himmelbett groß geworden.

 

Viele kleine Räder ergeben ein Getriebe, was so manche Manager an der Spitze von Unternehmen und akademische Politiker gerne vergessen. Die Missachtung, aber auch Verachtung der einfachen Leute in unserer Gesellschaft spüre ich deutlich, wenn ich mir die Reden von bestimmten Politikern anhöre und Parteiprogramme genau unter die Lupe nehmen und die Worthülsen entferne.

 

Und was hatten damals die Pastöre zu der sozialen Lage zu sagen? Ihr Konzept bestand aus einer individualistischen Heilsverkündigung mit guten Jenseitsversprechungen. Das wirkte wie ein Trostpflaster, getränkt mit Heroin, auf die Seelen der frommen Schafe. Das stand aber im Widerspruch zu Jesus, der gar nicht so ein frommes Lamm war, wie sich das die Kirchenvertreter wünschen. Ich habe ja immer gut aufgepasst im Religionsunterricht und die Bibel fleißig gelesen. Meine Erörterungen könnt ihr ja in anderen Posts lesen.

 

Im Alter kann ich über unsere Gesellschaft reflektieren und schlussfolgernd sagen, diese Gesellschaft ist verkommen und bröcklig geworden. Es kommen noch abrupte Veränderungen.