Wenn ich an Johannes, genannt der Täufer, denke, muss ich unwillkürlich lachen. Ich habe sein Bild vor Augen, wie er in einem schäbigen Outfit am Jordan vor den Leuten predigt. Auch heute gibt es solche Prediger vor dem Kölner Dom. Nur tragen sie Jeans und ihre weiblichen Mitstreiter lange Röcke, was antiquiert wirkt. Im kollektiven Gedächtnis ist Johannes, genannt der Täufer, als Prophet des Weltuntergangs, der bis heute nicht eingetreten ist, verankert. Er hat eine eher untergeordnete Rolle im Christentum, ein Bekenner und Zeugnisgeber für Jesus, den er als Messias den Leuten vorstellte. Was es mit dem Messias auf sich hat und welche Funktion er im Judentum und später im Christentum hat, darauf kann ich hier nicht eingehen. Mich interessiert die Person des Juden Johannes, der wohl Jochanan hieß. Was war seine Botschaft damals und was können wir von ihm lernen. Über die Eschatologie des Johannes sind Berge von Büchern geschrieben worden. Sie lege ich bei meinen Erörterungen beiseite. Mich interessieren die soziologischen Aspekte der Lehre des Johannes, der schon vor Jesus eine beträchtliche Anhängerschaft hatte.
Tatsächlich beschäftigte sich Johannes mit der damaligen jüdischen Gesellschaft, und zwar mit dem materiellen Überfluss in der Gesellschaft. Er forderte das, was erst in den meisten modernen Sozialstaaten verwirklicht wurde, nämlich die gesetzlich garantierte Sozialhilfe oder Sozialtransfers einzurichten. Johannes lehnte das Horten und Ansammeln von Produkten ab, was er anhand zweier Beispiele verdeutlicht. Das könnt ihr unten lesen.
Den Evangelientext habe Ich gleich in meine Sprache Eurésa übersetzt. Das ist außerordentlich hilfreich für mich, denn ich muss jedes Wort des Textes genau untersuchen und seinen Sinn herausfinden und zwar über die Originalsprache Griechisch und deren lateinische Übersetzung. Dadurch erlangte ich manche neue Erkenntnis, die mir durch die Benutzung meiner deutschen Muttersprache verborgen bleiben. Das Deutsche verhüllt die historischen Begebenheiten in einer völlig fremden Umgebung, nämlich dem historischen Israel, durch die Art und Weise, wie es den Wörtern bestimmte Bedeutungen zugeordnet.
Jetzt geht es zum Text aus dem Lukasevangelium.
Und es fragten ihn die Leute: "Was sollen wir denn tun?"
Cai la homi rogevai ilon: "Cén faceami?"
和 ら 仁ᛁ 问了ᚨᛁ 他ᛟᚾ 么へᚾ 作吧ᛗᛁ.
Er antwortete ihnen: "Wer zwei Tunikas hat, der gebe dem ab, der keine hat und wer Speise hat, der tue ähnliches."
Il révorteva léi: "Lu há dúa tunicos, donea lé, hu há nula cai lu há fagáton, facea similiter."
他 归詞了ᚨ レへᛁ レᚢ 有ᚨ 二ᚨ 袍ᛟᛋ 予吧 レへ ᚻᚢ 有ᚨ 〇ᚨ 和 レᚢ 有ᚨ 食代ᛟᚾ 作吧 似类.
Nun kommt Johannes auf zwei wichtige Berufsgruppen im historischen Israel zu sprechen, die Steuereinnehmer, Zöllner genannt, und die Soldaten, was eigentlich im heutigen Sinne Polizisten waren. Der Begriff „Polizist“ trifft den Sachverhalt in dem u.a. Vers besser als „Soldat“. Eine Übersetzung sollte zeitgemäß sein, sonst erzeugt sie falsche Assoziationen.
Nun der eigentliche Text:
Es kamen aber auch Zöllner, sich untertauchen zu lassen und sprachen zu ihm: "Rabbi, was sollen wir tun?"
Ancu cai taxisti venevai pró lasa submerge sé cai dicevai ilé: "Megisto, cén faceami?"
也ᚢ 和 税师ᛁ 来了ᚨᛁ 为 让ᚨ 下潜ᛖ 自 和 言了ᚨᛁ 他へ 大师ᛟ 么へ不 作吧ᛗᛁ .
Er sprach zu ihnen: "Fordert nicht mehr als euch festgelegt ist!"
Il diceva léi: "Oi na admandé plu ca e contitáta téi!"
他 言了ᚨ レへᛁ ᛟᛁ 不ᚨ 向命へ 更ᚢ 么ᚨ 是 办設代ᚨ レへᛁ.
Johannes ist ein Pragmatiker. Seiner Forderung an die Finanzbeamten (moderner Begriff) kann man 100 % zustimmen.
Nun wollen die „Polizisten“ (Soldaten im römischen Reich) wissen, was sie denn tun könnten.
Es fragten ihn auch Polizisten: "Und was sollen wir tun?"
Ancu cai polisi rogevai ilon: "Cai cén faceami?"
也ᚢ 和 警ᛁ 问了ᚨᛁ 他ᛟᚾ 和 么へᚾ 作吧ᛗᛁ.
Und er sprach zu ihnen: "Schlagt niemanden zusammen und bringt keine falsche Anklage vor und seid zufrieden mit eurem Sold."
Cai il diceva léi: "Oi na compulsé álon cai na falsu accausé álon cai easi sympaxa syn tia obmoneton!"
和 他 言了ᚨ レへᛁ ᛟᛁ 不ᚨ 办打へ 人ᛟᚾ 和 不ᚨ 非ᚢ 向由へ 人ᛟᚾ 和 吧ᛋᛁ 共安ᚨ 共 你ᛁᚨ 于銭ᛟᚾ.
Mit der Übersetzung dieses Satzes habe ich gerungen. Im Deutschen klingt er so schwammig und stilistisch erheiternd. Was sollten also die Polizisten nicht tun?
1. Nicht jemanden zusammenschlagen aus ihrer Machfülle heraus.
2. Nicht jemanden eines Verbrechens beschuldigen, das er nicht getan hat.
3. Nicht Geld von jemanden erpressen oder korrupt sein.
Aus der Antwort des Johannes und Übertragung in eine moderne, theologisch unverbrauchte Sprache wird die Ethik des Johannes deutlich. Er war weit mehr als ein unbedeutender Vorläufer oder Verkünder seines Cousins Jesus. Und ihm das Etikett „Prophet des Weltuntergangs“ anzuheften wird seiner Rolle im historischen Israel nicht gerecht. Die christliche Umdeutung seiner Person und das ganze Rundherum mit Schuld und Erlösung ist gut geeignet, fromme Schafe zu erziehen, die sich immer ducken und jeder Regierung gefallen wollen und jedes Gesellschaftssystem unterstützen, so verkommen es auch sein möge.
Die Evangelien unter einem anderen Aspekt zu lesen, der natürlich dort vorhanden sein muss, wird ein anderes Bewusstsein bei den Gläubigen hervorrufen. Sie werden darauf pochen, dass die Lehre Jesu auch in den staatlichen Institutionen angewandt wird, wie die Beispiele in der Predigt des Johannes zeigen.
Es ist davon auszugehen, dass Johannes noch mehr gepredigt hat als die obigen Verse vermitteln. Sie sind wohl wegen des Erfolgs der Lehre seines Cousins Jesus untergegangen. Die wenigen Verse über Johannes in den Evangelien zeigen seine Bedeutung und Größe in der damaligen jüdischen Gesellschaft. Er wurde deshalb auch bei dem damaligen Historiker Flavius Josephus erwähnt.