Entität (Mengenlehre)

Definition 1. Eine Entität mit einer bestimmten Eigenschaft oder Objekt mehreren Eigenschaften heißt Objekt o.


Entität bedeutet „etwas Seiendes”. Das ist ein lateinisches Wort, mit dem man ungeheuer angeben kann, weil es niemand versteht. Als abstrakter Begriff ist es brauchbar zur Beschreibung von Objekten. Meist versteht man unter „Objekt” nur physische Objekte, spätestens dann, wenn einem eine „fliegende Untertasse” begegnet, ein UFO (Unidentified Flying Object = unbekanntes fliegendes Objekt).


Man kann sich jedoch alles Mögliche unter einem mathematischen Objekt darunter vorstellen, nicht nur Zahlen, sondern auch z. B. Möbelstücke, Automarken, Früchte, Buchstaben, Wörter, Fotos, Geldscheine. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Die Objekte brauchen nicht unbedingt materiell zu sein. Man könnte auch moralische Werte oder Ansichten als Objekt bezeichnen. In der Mathematik wird man sich hauptsächlich mit Zahlenobjekten beschäftigen. Geometrische Figuren zählen auch zu diesen Objekten. Der Begriff Entität ist also sehr weit gefasst.


Das mathematische Zeichen für eine Eigenschaft ist ein senkrechter Strich 1:
| bedeutet „mit der Eigenschaft”

 

Man schreibt den Strich innerhalb einer geschweiften Klammer: {x | x hat eine bestimmte Eigenschaft}. Vor dem senkrechten Strich steht das Objekt mit dem Namen x. Hinter dem Strich wird die Eigenschaft dieses Objekts x angegeben.


Wie so eine Eigenschaft aussehen könnte, zeigt das folgende
Beispiel:
{x | x ist gerade Zahl und größer als null}


Die Eigenschaft des Objektes soll folgende sein: „gerade” und „größer als null”.
Bei einer solchen Eigenschaft können Sie davon ausgehen, dass es sich um ein Zahlenobjekt handelt.


Wenn etwas eindeutig unterscheidbar ist, heißt es wohl Definition 3. Wohl definiert
definiert. Der Begriff „wohl definiert” ist sehr wichtig in der Mengenlehre. Damit haben sich schon Generationen von Philosophen beschäftigt. Er ist mit dem lateinischen Begriff „Extension” verbunden, der schrecklich klingt, aber wörtlich „Begriffsumfang” bedeuten
soll. Es geht um die Frage, was alles einem bestimmten Begriff zugeordnet werden kann, was man noch als dazu gehörig zählt und was nicht mehr. Dies ist manchmal gar nicht so leicht zu entscheiden. Im täglichen Leben gibt es da manche Schwierigkeiten. In der Mathematik kann man oft schneller entscheiden.


An einem kleinen Beispiel wird Ihnen das bestimmt klar.


Manchmal wird auch ein Doppelpunkt : benutzt.

 

Example 4. Objekte 1 3, 2 6, 0.¯ 3


Sind diese Objekte verschieden? Offensichtlich ja, denn sie haben jeweils eine andere Gestalt. Oder irren wir uns? Nun kommt die große Überraschung. Der Mathematiker sagt,
diese Objekte sind alle gleich, denn ihre Extension, ihr Begriffsumfang, ist gleich. Das können sie auch einfach beweisen.


Kürzt man 2 und 6, dann ergibt sich 1 und 3. Rechnet man das Drittel in eine Dezimalzahl um, dann ergibt das 0.3.
Wie Sie selber sehen, die Objekte 1 3, 2 6, 0.¯ 3 bezeichnen ein und dasselbe Objekt. Sie sind also als ein gleiches Objekt zu betrachten. Deshalb sind sie nicht eindeutig unterscheidbar.


Mit anderen Worten, sie sind nicht wohl definiert. Schon bei der Mengenlehre wollen die Mathematiker klare Verhältnisse schaffen. Es sollen keine an sich gleichen Objekte,
auch wenn sie sich verkleiden, als verschieden angesehen werden. Gleiche Objekte, und wenn sie millionenfach vorhanden wären, gelten nur als ein einziges Objekt.
Dies können Sie aber kaum in einem Geschäft an der Kassevorbringen, wenn Sie eine Eierschachtel mit z. B. 6 Eiern der Kategorie M auf das Förderband legen und der Kassiererin sagen: „Ich möchte aber nur 1 wohl unterschiedenes Objekt Ei
bezahlen.”
F Definition 5. Eine Zusammenfassung wohl definierter Objekte Menge
o1, o2, . . . heißt Menge M, in Zeichen M = {o1, o2, . . .}.
Eine Menge ist die Gesamtheit einer „Sammlung” von wohl definierten Objekten unserer Anschauung oder Intuition (nach dem Mathematiker Georg Cantor). Die unterschiedlichen Objekte haben zwar den gleichen Buchstaben o, doch wegen ihres Index unterscheiden sie sich. Dadurch erhalten sie das Attribut „wohl definiert”.


Gleiche Objekte werden in Mengen nicht berücksichtigt. Alle Objekte müssen sich immer voneinander unterscheiden. In welcher Reihenfolge die wohl definierten Objekte in der Menge auftauchen, ist völlig belanglos. Folgende Mengen sind völlig
gleich.


Example 6. M = {1, 2, 3}, M = {3, 1, 2}, M = {2, 1, 3}
Auch diese Mengen sind völlig gleich:
Example 7. M = {1, 1, 1, 2, 3, 3}, M = {3, 3, 2, 1, 1 1, 2},
M = {2, 1, 3}


Hier sehen Sie selbst, was für ein heilloses Durcheinander herrschen würde, gäbe es nicht das Prinzip der Extension (Begriffsumfang) mit ihrer „wohl Definiertheit”. Gleiche Objekte als „verschieden” anzusehen, würde Ihnen reichlich schwer fallen, nicht nur Ihnen, auch dem ausgebufftesten Mathematikprofi.


Werfen Sie einfach gleiche Objekte aus der Menge raus. Dann haben Sie es leichter.
In diesem Buch wird die Menge mit einem großen Buchstaben, der einen doppelten Strich hat, dargestellt. Dadurch wird sie optisch hervorgehoben. Der große Buchstabe ist nichts weiter als der Name der Menge. Manche Buchstaben haben von vornherein eine bestimmte Bedeutung. Meist sind sie Akronyme, d.h. der erste Buchstabe wird als Abkürzung gebraucht, wie bei dieser Menge:


• Z = Menge der ganzen Zahlen
• Q = Menge der Bruchzahlen (rationalen Zahlen). Der Buchstabe Q ist das Akronym von Quotient.


Andere Mengen-Buchstaben ergeben sich aus ihrer Bedeutung, also aus dem, was sie bedeuten sollen, wie z. B. W = {Montag, Dienstag, . . .}


Der Buchstabe W ist die Abkürzung von Woche. In den geschweiften Klammern sind die Namen der Wochentage aufgelistet. Die drei Punkte sollen andeuten, dass man bis zum
Sonntag weiter zählen soll.


Definition 8. Das Objekt o einer Menge Element M heißt Element, in Zeichen
o ∈ M.


Das mathematische Zeichen für „ist Element von” sieht aus wie eine abgebrochene Forke: ∈. Es ist dem griechischen Buchstaben (epsilon) entlehnt, der als Akronym dient („e” wie „Element”). Das Symbol ∈ sieht zwar aus wie eine Forke, nur mistet hiermit
nicht der Bauer den Stall aus, nein im Gegenteil er füllt den Stall (= Menge). Es erinnert auch an das große lateinische E als Abkürzung für Element.


Das Objekt a einer Menge M heißt Element, und wir schreiben a ∈ M („a ist Element der Menge M”). Die Elementenamen werden in der Regel klein geschrieben.


Bilden die Elemente m1, m2,. . . die Menge M, so schreibt man M = {m1, m2, . . .}. Der Name M sieht etwas komisch aus, aber so komisch ist er wiederum nicht. Er soll eine beliebige Menge anzeigen. Den Schattenumriss können Sie sich als etwas zu füllendes vorstellen. Spezielle Zahlenmengen haben auch diese Schatten, z. B. die natürlichen Zahlen N oder die reellen Zahlen R. Es werden jeweils passende Namensabkürzungen gebraucht. Das schont das Gedächtnis.


Wenn das Objekt m ein Element einer bestimmten Menge M ist, schreibt der Mathematiker dies symbolisch so:


m ∈ M

lies: „das Objekt m ist ein Element der Menge M” oder für Sprechfaule: „m ist Element von M”.
Letztere Sprachweise erspart tatsächlich Zeit, aber sie macht nicht klar, worum es geht. Lieber sich Zeit nehmen und sich mehr Informationen gönnen als sich in einem verbalen Abkürzungsdschungel zu verlaufen und vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Wer jedoch als Professor von unwissenden Studenten gehetzt an der Tafel steht und die Vorlesung herunter „beten” muss, dem sei verziehen.


Die Verneinung der Aussage „ist Element von” kennzeichnet man durch einen schrägen Strich, also m / ∈ M, lies: das Objekt m ist kein Element der Menge M. Andersherum gesagt, die Menge M hat dieses Element m nicht, frei nach dem Motto „das kenne ich nicht, das gehört nicht mir.”


Beachten Sie folgende Negation der Aussage a ∈ M. Sie wird zu ¬ (a ∈ M). Die Aussage „a ist Element der Menge M” wird einfach nur negiert. Das bedeutet: „a ist nicht Element von M” oder „a ist kein Element von M”. Beachten Sie die Klammern. Was innerhalb der Klammern steht, wird negiert. Mathematiker mögen so etwas. Sympathischer und verständlicher ist aber die Schreibweise:


a / ∈ M („a ist nicht Element von M”)


Das ist die normale Schreibweise, die überall anzutreffen ist. Selbstverständlich können die Namen für die Elemente und Mengen variieren, wie z. B.


• x ∈ A („x ist Element der Menge A”)
• x / ∈ A („x ist nicht Element der Menge A”)


Die Menge M enthält alle geraden Zahlen größer als null:
A = x | x2 ∈ N


a ist ein Element der Menge A: a ∈ A


Beschreibung Z = Menge der ganzen Zahlen

[image]



Aufzählung W = {Montag, Dienstag, . . .}
Auswahl M = {x ∈ Z | x ist gerade}