Diverse Plansprachen

So entsteht eine neue Plansprache. Man nehme ein Wörterbuch, suche Wörter heraus, identifiziere die Wortbildungssilben, transformiere sie in eine neue Struktur und schreibe sie auf. Scheinbar ganz einfach, allerdings beschäftige ich mich schon seit vier Jahrzehnten damit, entweder bin ich zu dumm oder es ist wirklich schwierig, sich von gegebenen Sprachstrukturen zu lösen und sie in eine neue Form zu bringen, die stimmig ist und irgendwie vertraut klingt. Eine bequeme Methode, die viele Spracherfinder genutzt haben, ist, die Wörter einfach eins zu eins zu übernehmen und nur an der Schreibweise etwas zu ändern. Damit kriegt man schnell ein Wörterbuch zusammen, das man getrost Fremdwörterbuch nennen kann, wie es die auch für die deutsche Sprache bereits gibt. Das betrachte ich als Rückschritt und völlig überflüssig. Mein Ziel ist es, dass die breite Masse eine Sprache benutzt, deren Wörter sie leicht versteht, ohne in einem Fremdwörterbuch nachblättern zu müssen. Der „kleine Mann“ soll nicht mehr von dem Bildungsvorsprung derjenigen ausgeschlossen sein, die das Glück hatten, einen höheren Bildungsweg einzuschlagen. Die beiden Plansprachen Esperanto und Lingua Franca Nova (siehe links im Bild) gehören nicht zu den Sprachen, die meiner Vorstellung einer allgemeinen Volksbildung entsprechen. Ich hoffe, ich kann noch mein Lebenswerk beenden. Es dauert doch arg lang, passende Wörter zu bilden. Heute habe an ein paar Seiten auf meinem Tablett (rechts im Bild) über vier Stunden gebraucht, was viel Blättern im Wörterbuch und einigen kreativen Denkaufwand erforderte. Jetzt brauche ich ein wenig Erholung. Immerhin hat sich heute mein eigener Wortschatz erweitert, ein angenehmer Nebeneffekt. Die Bedeutung der Wörter griechischen Ursprungs herauszufinden und zu transformieren ist recht anstrengend und mühsam. Bei den lateinischen Wörtern ist das viel einfacher. So, ich mache mal Schluss mit meinen Erläuterungen. Have a nice day.

 

Nach dem Vergnügen mit meiner Plansprache kam dann die Pflicht, trockene Wäsche zusammenzufalten und in die entsprechenden Schränken zu legen. Ich habe festgestellt, ich konnte mich dabei entspannen, klingt seltsam oder nicht? Ich bin schon fertig, das war ja nicht viel Arbeit. Herrlich.

Uff, nach viereinhalb Stunden brauche ich mal eine Pause. Ein Feiertag lässt sich gut nutzen, um sich seinem Hobby hinzugeben. Ich habe ein paar Seiten aus meiner Wortschatzsammlung von meinem Tablett in eine Exceltabelle übertragen. Wie gut, dass es heute diese schönen elektronischen Hilfsmittel gibt. Vor vierzig Jahren, als ich mit der Plansprache anfing, gab es so etwas noch nicht. Ich gehe gerne mit der Zeit und nehme die tollen Erfindungen mit. Nicht stehen bleiben und die scheinbar guten alten Zeiten verherrlichen ist nicht mein Ding. Das können andere machen und auf Reisen gehen oder sich vom Fernseher berieseln lassen. Gähn. Wer sich intensiv mit Sprachen beschäftigt, erfährt auch viel über die Mentalität der Sprecher. Wenn ich dann noch die fremdsprachlichen Posts auf Facebook entziffern kann, lerne ich immer mehr von der Welt kennen. Als Tourist würde man nur an der Oberfläche kratzen. Ohne ein sprachliches Eindringen in die fremde Kultur bleibt man nur Außenstehender. In meiner Exceltabelle befinden sich schon 1200 Wörter, ein Bruchteil einer natürlichen Sprache, aber es geht immer weiter voran. Im nächsten Jahr habe dann mehr Zeit, um den Wortschatz signifikant zu erhöhen. Darauf freue ich mich jetzt schon.

Wenn man die Wahl hätte, was für eine Plansprache nähme man, eine Plansprache, die eher der analytischen Struktur des Englischen folgt oder eine Plansprache, die eher den analytisch-synthetischen Struktur der romanischen Sprachen entspricht? Die Plansprache Esperanto ist ersterem Typ zuzuordnen, was ich in einer Dissertation nachgelesen habe. Meine Plansprache hingegen ist mehr vom Lateinischen und seinen Tochtersprachen geprägt. Das ist kein Zufall, sondern Absicht. Das hat den großen Vorteil, dass sie für Romanen leicht zu erlernen ist, aber auch die übrigen europäischen Völker wegen der vielen internationalen Wörter ebenfalls einen leichteren Zugang finden als wenn der Wortschatz so fremd wie zum Beispiel das Finnische wäre. Esperanto hat einen gemischteren Wortschatz mit den uncharmanten Nachteil, dass der Klang darunter leidet. Irgendwie klingt Esperanto „komisch“. Das ließe sich leicht anhand bestimmter Studien nachweisen. Das Thema will ich hier nicht vertiefen. Jedenfalls habe ich darauf geachtet, dass meine Sprache innerhalb des romanischen Klangcharakters bleibt und nicht plötzlich unschöne slawische Suffixe oder Wortdeformationen originärer romanischer Wörter aufweist. Das mögen andere schön finden, ich aber nicht. Das angefügte Foto zeigt einen Ausschnitt aus der Konjugation der Kopula sein. Ich habe die personalen Bezüge an die jeweiligen Tempusbildner angehängt. Das geschieht außer beim Präsens durchgängig regelmäßig. Gewisse Unregelmäßigkeiten habe ich bewusst gewählt, wenn es für den Klang und das Verständnis notwendig war. Das gleiche Prinzip wenden übrigens auch natürliche Sprachen an. Kennt man die Konjugationen der Kopula, kann man sie ohne Änderungen auf die Vollverben anwenden. Wer Lateinisch kennt, wird so manche Suffixe wiederfinden, auch kein Zufall, sondern meine Intention. Zu irgendetwas muss doch das alte Latein, das ich auf dem Gymnasium mühsam lernen musste, doch nütze sein, haha.

Die Wortbildung in einer Plansprache ist essenziell für Ihre Güte. Ich habe noch keine Plansprache gesehen, die meinen Vorstellungen von Logik, Eindeutigkeit und Ästhetik genügt. Während man bei der Ästhetik endlos diskutieren kann und doch zu keinem Konsens gelangt, ist es jedoch möglich, die Logik und Eindeutigkeit der Wortbildung zu analysieren und statistisch auszuwerten. In den natürlichen Sprachen gibt es keine Regularien, die aus dem Wust der Komposita ein Werk aus einem Guss machen. In der Sprachgeschichte werden immer neue Wörter übernommen, die ihre eigenen Regeln zur Wortkomposition haben und dadurch das bisherige System stören. In der deutschen Sprache ist dies der Fall. Neben den ererbten Wörtern aus dem Germanischen sind auch viele Wörter aus dem Lateinischen und Griechischen zu finden, so dass zahlreiche Affixe dreifach vorkommen, aber immer das Gleiche bedeuten. Es gab Bestrebungen, die Fremdwörter einzudeutschen, aber das klappte nur teilweise. Vielfach wurden Begriffe erfunden, die lächerlich klingen und nicht zu verstehen sind. Die Deutschen können sich ruhig damit abfinden, dass ihre Sprache für die moderne Zeit nicht viel taugt. Mit schöngeistiger Literatur, die die Seele des Volkes der Dichter und Denker widerspiegelt, kann man in der Wissenschaft wenig anfangen. Manche Sprachen sind einfach ungeeignet für eine komplexe arbeitsteilig organisierte Gesellschaft mit immer neuem technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Dazu gehört Deutsch. Ihr Rang läuft zur Zeit in Europa ab und wird vom Englischen übernommen, was mit der kulturellen und ökonomischen Hegemonie der englischsprachigen Vereinigten Staaten von Amerika zusammenhängt. Daran können die momentan starke AfD und ihre unbedarften Wähler auch nichts ändern. In meiner Plansprache achte ich auf die logischen Zusammenhänge und die Eindeutigkeit der Komposita, die sich am Lateinischen und Altgriechischen orientieren, zweier Sprachen, die viel älter als das Deutsche sind, dennoch ihr haushoch überlegen sind. Das ist mein Eindruck, den ich nach 40 Jahren Beschäftigung mit der Linguistik im Allgemeinen und speziell den Plansprachen gewonnen habe.

Was hält am meisten auf, wenn man eine Plansprache entwickelt? Etwa die Grammatik? Nein, es ist der Wortschatz mit seinen Unmengen an Wörtern. Er hat mir schon so viel Zeit gekostet und zum kreativen Nachdenken gezwungen. Es ist ziemlich einfach, einen vorgefertigten Wortschatz zu lernen, ihn aber selber zu entwickeln, ist eine andere Hausnummer. Das Esperanto-Wörterbuch als Quelle der Inspiration habe ich beiseite gelegt. Es ist mir zu „deutsch“. Der Erfinder des Esperantos, Zamenhof, dachte in seiner Muttersprache Jiddisch, die auf dem Deutschen basiert. Wäre er Ohrenarzt gewesen, wäre ihm vielleicht die Kakophonie so vieler seiner gebildeten Wörter aufgefallen. Meine Erkenntnis ist, Deutsch eignet sich nicht für eine klangvolle Plansprache. Ich orientiere mich deshalb am Italienischen und Spanischen, deren Klang und Wortbildung mir am besten von allen Sprachen, die ich kenne, gefallen. Endlich habe ich einen brauchbaren Reisewortschatz fertig gestellt. Das war eine echte Tortur. Aber Dranbleiben führt zum Ziel. Aus meiner deutschen Muttersprache herauszuspringen und in die mentale Struktur der südeuropäischen Sprachen hineinzutauchen war ein jahrzehntelanger Prozess. Er hat sich gelohnt. Wenn ich meine Sprache vor meinem geistigen Auge passieren lasse, spüre ich den Atem der südländischen Kultur. Wären die Deutschen doch so wie die Italiener oder Spanier!

Linguistischer Dilettantismus

Die bisherigen euro-zentrierten Plansprachen haben ihre Begrenzungen in den mangelhaften linguistischen Kenntnissen ihrer Erfinder, die zum allergrößten Teil nur die englische Grammatik nachahmen ohne Sinn und Verstand, zudem dies als großer Errungenschaft anpreisen und sogar einige Anhänger finden. Es genügt eben nicht, sich hinzusetzen und eine Eins-zu-Eins-Relation zwischen den grammatischen Elementen bzw. dem Wortschatz einer bestimmten Sprache mit einer noch zu konstruierenden Sprache zu machen. Selbst hieran scheitern schon etliche Sprachkünstler, die kein Durchhaltevermögen, geschweige denn eiserne Disziplin haben, einen genügend großen Wortschatz zu schaffen.Wenn man viele ihrer Sprachkonstruktionen unvoreingenommen betrachtet, kommt die Vermutung auf, dass sie sich in ihren Fährigkeiten übernehmen und mehr Wunschdenken und rosarote Hoffnungen hegen als Sachverstand und Selbstkritik. Sie sind leicht beleidigt, wenn ihre Fehlleistungen offenkundig sind und beharren umso stärker auf einem Irrweg als sich durch sachliche Argumente überzeugen zu lassen. Ihr Scheitern ist damit vorprogrammiert.

Oder sie werfen irgendwelche, künstlich geschaffene Wörter in den Raum mit der Hoffnung, die Menschen würden sie aufgreifen wie ein Hund einen zugeworfenen Knochen, sich daran erfreuen und munter miteinander kommunizieren. So einfach ist das Ganze nicht, ist einfach nur lachhaft.Besonders frustrierend ist es für einen Spracherfinder, wenn er Hunderte von Stunden in sein Sprachprojekt investiert hat, ein Wörterbuch mit mehreren Tausend Wörtern erstellt hat, mit anderen im Internet in Kontakt getreten ist, aber niemand interessiert sich für seine Arbeit. Es nützt auch nichts, wenn er seine Sprache in Wikipedia selbst aufgelistet hat. Sie wird eine Plansprache unter anderen bleiben, ungenutzt, nur eine kurze Notiz.Im Zeitalter des Internets und von Facebook gibt es auch Spracherfinder, die ihre Sprache "pushen" wollen, indem sie mit mehreren Pseudonymen auftreten und bei den anderen Teilnehmern den Anschein einer Vielheit hervorrufen. Diese Pseudonyme kommentieren sich gegenseitig, drücken auf den "Gefällt-Button" und sammeln fleißig "Freunde", um ihre Plansprache bekannt zu machen und Anhänger zu requirieren. Ein solches Vorgehen wird aber zum Misserfolg der jeweilig beworbenen Sprache führen, denn die Interessierten werden sich nicht an der Nase herumführen lassen. Das hat es schon bei der Plansprache Ido gegeben, als der Hochstapler Louis Chevreux als "Marquis de Beaufront" auftrat und seine Zeitgenossen täuschte. Sein Konzept ging aber nicht auf, was eine Mahnung an heutige Sprachpropagandisten sein sollte, es ihm nicht nachzutun.

Will man eine allgemeine Sprache für das europäische Volk schaffen, sind profunde Kenntnisse der bestehenden und alten Sprachen notwendig, ist es außerdem notwendig über den Tellerrand hinzusehen und sich mit anderen Sprachmodellen auszukennen und ein ausgeprägtes Sprachbewusstsein zu haben mit der Fähigkeit, kreativ zu sein und gleichzeitig logisch stringend zu denken, die Einzelteile harmonisch zu einem Ganzen zu vereinigen.

Das Englische als Grundlagensprache der neuen europäischen Hochsprache zu nehmen, fällt mit Sicherheit durchs Raster als ein ungeeignetes Kreol, ebenso wie seine Schwestersprache, das Deutsche, das den modernen Ansprüchen in keinerlei Weise genügt.

Während die Anglophonen nicht in der Lage sind, Vokale klar und deutlich als solche zu sprechen und eine störende Diphthongisierung vorziehen, ist das Deutsche zu einer hölzernen, lauten Sprache degeneriert mit einem Ballast an absolut überflüssigen und blödsinnigen grammatischen Elementen, fremden Pluralbildungen, einem unübersichtlichen Satzbau und einem heterogenen Wortschatz mit Dublettenwörtern, dreifach vorhandenen Präfixen (z. B. über - super - hyper), schrecklichen Konsonantenhäufungen und einer unschönen Zischlautorgie. Deutsch ist eine schwierige Sprache, aber veraltet, fade und überlebt nur durch die Aufnahme fremder Wörter. Dem Deutschen wurde in seiner Geschichte eine neue Morphologie, insbesondere aus dem Lateinischen, und Wortentlehnungen, Lehnübersetzungen aufgepfropft, so dass es dadurch in der Lage war, in einer fortschreitend komplexeren Gesellschaft adäquate Kommunikationsmöglichkeiten zu finden. Ohne das Lateinische wären die Deutschen nicht zu dem Kulturvolk geworden, was sie heute noch sind. Jedoch ging die Ordnung und Übersichtlichkeit im Deutschen unter. Das kreative deutsche Volk hat schon immer in seiner Geschichte revolutionäre Neuerungen geschaffen und die übrigen Völker "verblüfft" oder "geärgert". Es kannte keine blutigen Revolutionen wie die französische oder russische Revolution. Seine Spezialität waren die geistesgeschichtlichen Revolutionen.

Als Nächstes steht die Vereinigung Europas an, die neben den ökonomischen und politischen Voraussetzungen auch die sprachliche Vereinigung über eine europäische Sprache erfordert.

Spracherfinder sind Individualisten

Spracherfinder sind absolute Individualisten sind und arbeiten für sich allein. Ein gemeinsames Projekt zu erstellen, dazu können sie sich nicht aufraffen, und wenn doch, dann würden die Ansichten wahrscheinlich diametral auseinander gehen. Bei der Ido-Bewegung konnte man gut beobachten, dass das Ido-Komitee zwar in der Lage war, die Mustersprache Esperanto abzuschleifen und einen romanisierten Wortschatz zu kreieren, aber der große Wurf war es nicht. Zündene Ideen gehen von Individuen aus, die dann auch in der Lage sein müssen, eine eigene Anhängerschaft um sich zu scharen, wie dies bei der Lingua Franca Nova geglückt ist, die von George Boeree erfunden wurde, und die einige aktive Sprecher gefunden hat.

Wie sich die Zukunft meiner Sprache gestaltet, hängt von den gesellschaftlichen Umständen ab. Schauen wir mal, wie sie sich entwickeln. Momentan ist hier wenig Enthusiasmus bei der Jugend zu spüren. Sie beschäftigt sich lieber mit persönlichen Zielen und einer individuellen Freizeitgestaltung.