Verbstämme in Latina Nova

Je mehr man sich mit fremden Sprachen beschäftigt und sie miteinander vergleicht, umso mehr fallen die Unterschiede auf, wie die jeweiligen Sprecher mit der Sprachökonomie umgehen. Sprachökonomie bedeutet, wie viele Mittel sie zum Ausdruck bestimmter Informationen benutzen. Wie ich festgestellt habe, sind die alten indoeuropäischen Sprachen sehr unökonomisch strukturiert. Schaut euch mal die Ablautreihen an, nach denen bestimmte Wortarten oder das Tempus ausgedrückt wird, z.B. im Sanskrit:

jitaḥ („besiegt“) – jetā („der Sieger“) – ajaiṣam („ich besiegte“)

Beim ersten Wort wird ein „i“ nach dem „j“ benutzt, beim zweiten Wort ein „e“ und beim dritten Wort ein „ai“. Muss das so sein? Ich sage, nö. In meiner Sprache würde der Wortstamm „vinc-“ (siegen) unverändert bleiben:

vinc-áta (besiegt) – vinc-ento (der Sieger) – vinc-ebam (ich besiegte)

Das ist doch leicht verständlich, während der Sanskritsprecher verschiedene Vokal- oder Diphthongveränderungen vornehmen muss. Sehr unökonomisch.

Diese Stammveränderungen erinnern mich ans Arabische oder Hebräische. Dort sind sie als Regelfall üblich. Die typologischen Ähnlichkeiten zwischen dem Indoeuropäischen und Semitischen sind hoch. Ich glaube nicht an einen Zufall und stelle mich gegen die meisten Forscher. Immer diese Querdenker – schrecklich!

Ich bin so frei und orientiere mich bei meiner Sprache an den zehn arabischen Verbalstämmen, die mit römischen Buchstaben bezeichnet werden. Sie haben eine bestimmte Bedeutung, die jedoch häufig schon verdunkelt ist. Auch Arabisch ist nicht mehr das, was es ursprünglich war. Ich möchte hier nicht alle arabischen Stämme durchsprechen, sondern nur darstellen, wie ich sie für meine Sprache benutzt habe. Ich übernehme nicht die originalen arabischen Wörter, sondern wende die arabischen Stammprinzipien auf den romanischen Wortschatz meiner Sprache an. Eine Sprachpanscherei kommt nicht in Frage. Ihr werdet sehen, dass es gut passt.

In der Liste werden die „normalen“ faktitiven Verben hinter die jeweiligen Verben der einzelnen Verbstämme aufgelistet.

Verbstämme

I. Faktitiv

bibe (trinken)

cade (fallen)

coce (kochen)

fume (rauchen)

more (töten)

sabe (wissen)

vive (beleben)

II. Intensiva: -y-

cyce (braten) < coce (kochen)

fyme (räuchern) < fume (rauchen)

yde (gehorchen) < aude (hören)

III. Relational: -á-

láno (Monat) < luno (Mond)

máge (hochmütig behandeln) < mege (vergrößern)

máte (einsehen, begreifen) < mite (senden, schicken)

IV. Kausativa: -ae-

baebe (tränken) < bibe (trinken)

caede (fällen) < cade (fallen)

maere (ermorden) < more (töten)

naese (in Kenntnis setzen) < nose (kennen)

taende (verbreiten) – tende (ausstrecken, ausdehnen)

vaeve (wiederbeleben, reanimieren) < vive (leben)

V. Dubitativ, Potentialis, Religion: -eu-

certeua (bestimmt) < certa (sicher)

ceulo (Himmel = Religion) < celo (Himmel = Atmosphäre)

creude (glauben = Religion) < crede (glauben, meinen)

gene (schaffen) < geune (schöpfen = Religion)

VI. Mediales Genus Verbi, Interesse, Desiderativ: -ú-

búbe (Durst haben, dürsten) < bibe (trinken)

cúpe (wählen) < cape (fassen)

lúce (dürfen) < lice (erlauben)

lúge (vorlesen) < lege (lesen)

púte (bitten) < pete (anfragen)

púxe (Frieden schließen, stiften) < paxe (befrieden)

VII. Farben: -ei- [ej]

albeia (weiß) < albo (Ei)

ceila (blau) < celo (Himmel)

fleiva (gelb) < flava (blond)

In meiner Sprache gibt es also auch Ablaute wie in der indoeuropäischen Sprache unserer Vorfahren, nur werden sie ökonomisch eingesetzt. Einen unnötigen morphologischen Firlefanz wie in natürlichen Sprachen mute ich den Sprechern nicht zu. Eine neue, am Schreibtisch entwickelte Sprache sollte regelmäßige Formen haben, aber keinen unnötigen Ballast mit sich schleppen. Außerdem sollte sie auch für andere Sprachkosmen offen, wie ich das mit den arabischen Verbstämmen gemacht habe.

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