Wer kennt das Genus verbi? Dieser Terminus klingt komisch. Bei „Genus“ denkt man sofort ans Geschlecht, männlich, weiblich, sächlich, was bezogen auf die Grammatik grundsätzlich Quatsch ist, der schon von den Grammatikern aus römischer Zeit stammt. Das grammatische Genus hat erstmal nichts mit einem natürlichen Geschlecht zu tun, das nur peripher damit übereinstimmt. „Der Tisch“, „die Vase“, „das Pferd“ haben nichts mit dem natürlichen Geschlecht zu tun und erscheinen sehr willkürlich gewählt zu sein. Man sollte in der Grammatik lieber von der r-Klasse, ie-Klasse oder s-Klasse sprechen, in der die Nomen eingeordnet werden und ganz auf die Angabe einer Geschlechtsangabe verzichten.
Im Altgriechischem gibt es wenige Hinweise, welche Funktion diese Nomenklassen hatten. Als „männlich“ werden männliche Wesen (na klar), Flüsse, Winde, Monate, aber auch Abstrakta bezeichnet (warum?).
Als „weiblich“ werden weibliche Wesen (na klar), fruchttragende Bäume, Länder, Inseln und Städte bezeichnet. Schließlich werden Phänomene ohne natürliches Geschlecht, Diminutive, männliche oder weibliche Wesen (warum?), auch Abstrakta als „sächlich“ bezeichnet.
Diese Einteilung in Nomenklassen sieht sehr willkürlich aus. Welche Nomen nun in die jeweiligen Nomenklassen einsortiert werden und welchen konkreten Zweck sie hatten, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Sie sind nur noch überflüssige Relikte aus vergangenen Jahrtausenden.
Im Englischen sind sie zum Glück verschwunden. In der heutigen gesellschaftlichen Diskussion haben sie jedoch eine große Relevanz und führen zu seltsamen Auswüchsen. Allen Ernstes glauben so manche, dass hier eine Sprachreform auf wunderbare Weise auch gesellschaftliche Änderungen hervorrufen würde. Schön wär’s, aber dieses Denken ist nur reine Ideologie.
Es gibt so viele asiatische Sprachen ohne solche Nomenklassen, und trotzdem gibt es eklatante Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in den jeweiligen Gesellschaften. Mehrheitlich bewegen sich die Verfechter*innen des Genderismus sowieso nur innerhalb des bürgerlichen Systems und hängen gläubig an ihren laienhaften Sprachreformideen.
Bevor ich weiter vom grammatischen Genus abschweife, komme ich zum „Genus verbi“ zurück, das die Verhaltensrichtung des Verbs angibt, also ob eine Handlung aktiv vorgenommen wird oder auf das Agens einwirkt (passiv).
Die Verben können in zwei Verhaltensrichtungen eingeteilt werden. Die Beispiele habe ich in Urésa, meiner Plansprache, geschrieben.
AKTIV
1) Transitive Verben:
abr-e (öffnen), ám-e (lieben)
2) Intransitive Verben:
ír-e (gehen), ven-e (kommen)
PASSIV
1) Vorgangspassiv
1a) Äußere Einwirkung (durch einen Urheber)
abr-ur-e (geöffnet werden)
am-ur-e (geliebt werden)
1b) Inneres Werden (aus sich heraus geschehen)
ure dulc-a (süß werden = von alleine durch Reifung)
ure abr-a (sich öffnen)
2) Zustandspassiv
2a) Versetzung in Zustand
e abr-áta (ist geöffnet worden)
e am-áta (ist geliebt worden)
2b) Dauerhafter Zustand (Verbaladjektiv)
e abr-a (ist offen, ist geöffnet)
e ám-a (ist lieb)
3) Kein Passiv
Oni rideni. (Es wird gelacht. Man lacht.)
Beim Passiv habe ich mich vom Türkischen und einer Indianersprache in Idaho (USA), der Coeur d’Alene-Sprache, inspirieren lassen. Damit ist die Latina Nova nicht rein europäisch, sondern partizipiert vom Denken der ganzen Menschheit. Es könnte als Staatssprache in einem afrikanischen Land eingesetzt werden, das von Stammessprachen zerrissen ist. Über eine ausgereifte Standardsprache könnte ein moderner Staat mit einem einigen Staatsvolk und einer Breitenbildung innerhalb von zwei Generationen geschaffen werden.
Latina Nova ist ein modernes sprachliches Instrument, das die wissenschaftliche Ausbildung erleichtern und beschleunigen kann, weil diese Sprache darauf optimiert ist. Die Wissenschaft und ihre praktische Anwendung in der Technologie hat die industrielle Revolution befeuert, nicht Religionen oder Literaten. Ich habe noch nicht gelesen, dass ein Theologe, hauptberuflicher Dichter oder Romancier z.B. den Computer erschaffen hätten. Primär für die Moderne ist die Abkehr vom magischen Denken. Wer das gerne hat und Rituale aller Art mag, kann dies gerne privat tun. Er leistet damit aber keinen substanziellen Beitrag zum Aufbau einer modernen, technologisch hochstehenden Gesellschaft, die mit Magie nichts zu tun hat, vielmehr auf dem Fleiß und den Denkleistungen von Wissenschaftlern und Ingenieuren beruht.
Macht Lateinisch lernen schlauer? Nachdem ich mich durch die verschiedensten Artikel bei Google durchgearbeitet habe, hatte ich den Eindruck gewonnen, dass ich Werbebroschüren gelesen hatte. Auch in den Zeitungsberichten stand das Gleiche wie bei den verschiedenen Homepages von Gymnasien. Danach müsste, wer Lateinisch gelernt habe, ganz schön intelligent sein und auch seine Tochtersprachen schneller lernen. Letzteres bezweifelte ich aus eigener Erfahrung. Lateinisch und Französisch sind doch arg verschieden. Meine Recherche führte mich dann auf echte wissenschaftliche Untersuchungen der Werbebotschaften von Lehrern und Journalisten. Weder macht Latein schlauer bei der Mathematik oder in den Naturwissenschaften, noch ist es für Ärzte besonders hilfreich, noch mache es den Weg zu einer romanischen Sprache leichter. Die schönen Seifenblasen akademischen PR-Mannschaften verschiedenster Provenienz sind geplatzt.
Beruflich hatte ich mit Latein nichts zu schaffen. Für meine diversen subalternen Tätigkeiten war es wirklich nicht zu gebrauchen. Nach jahrzehntelanger mentaler Sparflamme kann ich mich im Alter mit alten Sprachen beschäftigen, um daraus etwas für meine Plansprache Urésa zu lernen und Strukturen zu entnehmen. Dabei ist mir aufgefallen, dass die lateinischen enklitischen Personalpronomen einem bestimmten Schema folgen.
-o / -m, -s, -t // -m-us, -t-is, -n-t (Aktiv: Präsens, Imperfekt, Plusquamperfekt)
-, -s-ti, -t // -m-us, -s-t-is, -n-t (Perfekt)
Bei den Perfektendungen ist die zweite Person eigentümlich mit einer Silbe („ti“) oder einem Buchstaben („s“) überfrachtet. Ansonsten erkenne ich die üblichen Personalendungen.
Die drei Personen haben im Aktiv charakteristische Endungen:
1. Person: -m im Singular, -m-us im Plural
2. Person: -s im Singular, -t-is im Plural
3. Person: -t im Singular, -n-t im Plural
Das Passiv lässt sich als eine Erweiterung mit „ur“ bilden, jedoch nicht durchgängig:
1. Person: -r im Singular, -m-ur im Plural
2. Person: -s im Singular, -mini im Plural
3. Person: -t-ur im Singular, -n-t-ur im Plural
Eine gewisse Logik ist hier nicht übersehbar, die ich natürlich für meine Sprache übernommen habe.
Aktiv: -e
1. Person: -m im Singular, -m-i im Plural
2. Person: -s im Singular, -t-i im Plural
3. Person: – im Singular, -i im Plural
facem (ich mache), faces, face // facemi, faceti, facei
Passiv: -ur-e
1. Person: -ur-e-m im Singular, -ur-e-mi im Plural
2. Person: -ur-e-s im Singular, -ur-e-ti im Plural
3. Person: -ur-e im Singular, -ur-e-i im Plural
amurem (ich werde geliebt), amures, amure // amuremi, amureti, amurei
Während im Lateinischen die Passivendung -ur hinter die Personenendung gehängt wird, mache ich es umgekehrt. Cicero möge es mit verzeihen.
Wenn schon Lateinisch so wenige Vorteile für den heutigen Unterricht bietet, für meine Sprache ist diese alte Sprache außerordentlich wichtig. Da bin ich aber froh, nicht einen Teil meiner Jugend sinnlos verplempert zu haben, und obendrein lebt Latein in moderner Fassung für künftige Generationen fort.